Das Goethe-Institut über den Rimbaud Verlag

Rimbaud Verlag – Keine Saisonware des Feuilletons

Von Karoline Rebling

Wer Kochbücher, Sporttitel oder Bestseller sucht, sucht hier vergeblich. Wer sich aber ernsthaft für Literatur interessiert, wird fündig und kann Schätze entdecken.

Lyrik lässt sich nur schwer verkaufen. Nicht selten wird anspruchsvolle Literatur ohne eine gut durchdachte Marketingstrategie schnell zum Ladenhüter. In Bestsellerlisten sind sie kaum zu finden, die leisen Schriftsteller, die im Vermarktungsgetriebe des Literaturmarktes beinahe untergehen. «Autoren, die Bestand haben werden, sind immer im Abseits. Rimbaud hat gesagt, Literatur finde im Abseits statt – und zu seinen Lebzeiten ist nur ein Buch erschienen, und das nicht einmal in einem Verlag, sondern er hat es selbst zum Druck gegeben», erklärt Bernhard Albers. 1981 hat er den Rimbaud-Verlag gegründet, der aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis heraus entstanden ist. Angefangen hatte damals alles mit Reinhard Kiefer, der Anfang zwanzig war und einen Verlag suchte. Heute ist er einer der bekanntesten Autoren des Rimbaud Verlags. Sein zuletzt erschienener Roman Halbstadt, dessen sehnsüchtige Helden vor dem Hintergrund politischer und kultureller Geschehnisse der 80er Jahre agieren, wurde im Büchermagazin (6/2008) hochgelobt: «Kiefers bedächtige, langsam voranschreitende Prosa ist ein Gegengift zu Werbeschrott, Medien-Gedröhne und dem lauten Literaturbetrieb, in dem seine Stimme überhört wird. Halbstadt ist ein Geheimtipp, untergegangen in der Flut der Neuerscheinungen», so die Rezensentin Andrea Neuhaus über den «verhinderten Bestseller».

Abseits des mainstreams

Der Rimbaud Verlag ist kein Publikumsverlag, sondern ein «Fachverlag für literarisch Gebildete» (Süddeutsche Zeitung) und «Radikal für die Literatur» (Aachener Nachrichten). Wer Kochbücher, Sporttitel oder Bestseller sucht, sucht hier vergeblich. Wer sich aber ernsthaft für Literatur interessiert, wird fündig und kann Schätze entdecken.

«Ich schau mir immer gern die Verlagsgeschichten an, wie niedrig die Auflagen waren von Lyrikern, die heute bekannt sind, wie gering die Stückzahlen. Und dann sehe ich einfach, dass ich richtig liege. Ich liege nicht im Trend». Darauf legt Bernhard Albers wert. Denn an erster Stelle steht bei ihm immer der Autor, das Gesamtwerk. Im Jahre 2011 feiert der in Aachen ansässige Rimbaud Verlag sein 30-jähriges Bestehen.

5 Fragen an Bernhard Albers, Verleger und Gründer des Rimbaud Verlags:

Herr Dr. Albers, welche Programmschwerpunkte hat der Verlag?

Der Verlagsname ist ja schon Programm. Rimbaud war der modernste Dichter des 19. Jahrhunderts, Einfluss nehmend auf viele große Dichter. Angefangen von Trakl bis zu Rilke und Benn. Das Verlagsprogramm konzentriert sich auf hochwertige Lyrik, die sich auf Traditionen beruft. Das heißt traditionsgebunden, aber nicht traditionell. Ich interessiere mich, um es mit einem Wort von Stefan George zu sagen, nicht für «Zivilisationsliteraten», also nicht für Leute, die Themen der Zeit behandeln.

Die Bukowina, früher Habsburgisches Kronland, später dann zu Rumänien und heute teilweise zu der Ukraine gehörend, ist ein großes Thema im Rimbaud Verlag. Wie kam es dazu?

Paul Celan ist ein herausragender Lyriker des letzten Jahrhunderts. Er hat übrigens auch Rimbaud übersetzt. Ich hatte 1987 Alfred Kittner kennen gelernt, der Celan gut kannte und – 1906 geboren – noch aus der Bukowina stammte. Ich verlegte seinen ersten Gedichtband in Deutschland. Durch ihn wurde mir die Einzigartigkeit dieser Literaturlandschaft deutlich. Kittner, der 1991, übrigens im 100. Todesjahr Rimbauds, starb, hatte allerdings mehr ein antiquarisches Interesse.

Was waren die Erfolge des Verlags in den letzten Jahren?

Ich kann eigentlich wenig von Erfolgen sprechen. Es hat Bücher gegeben, von denen ein paar Tausend Stück verkauft wurden. Und von anderen nur wenige Dutzend. Aber die sind vielleicht genauso wichtig. Goethe hatte mit seiner ersten gesamten Gesamtausgabe auch große Schwierigkeiten, 500 Subskribenten zu bekommen.

Immer wieder wird gefragt, warum haben Sie denn keinen Bestseller? Erstens lese ich keine Bestseller. Warum soll ich dann welche produzieren. Und zweitens ist das alles Werbestrategie. In einen Bestseller müssen Sie Ressourcen reinstecken, und dann ist es wie ein Poker in der Finanzwelt. Klappt das, klappt das nicht.

Es gibt ja viele kleine Literaturverlage, die immer den Drang haben, ein Mini-Publikumsverlag zu sein. So wie die Großen, die auf der Buchmesse Themen für die Masse produzieren. Das heißt nicht, dass dort nicht auch interessante Dinge erscheinen. Bei mir aber zählt von vornherein die kleine Auflage. Bücher dieser Art haben immer eine kleine Auflage. Daran wird sich nichts ändern.

Ist Ihr Verlag ein Verlag für Intellektuelle? Für ein gebildetes Publikum?

Ja, man muss schon ein Vorwissen von Literatur als Traditionsquelle haben. Sonst kann man gar nichts damit anfangen. Ich glaube ja auch, dass anspruchsvolle Lyrik nur von Lyrikern gelesen wird, eben von einer Minderheit. Und die großen Verlage verkaufen ja oft auch nicht mehr als 100 Stück.

Aber wir müssen, wie auch die Goethe Institute, die Tradition aufrechterhalten. Das ist mein Anliegen. Es ist eben nur eine kleine Schicht, die sich dafür interessiert. Und das ist doch in Ordnung. Aber es gibt einen Bildungsauftrag auch für einen Literaturverlag – wenn der nicht mehr ist – wer soll dann noch ernsthaft schreiben?

Glauben Sie, dass heutzutage insgesamt weniger gelesen wird?

Anstrengendes wird weniger gelesen. Ich will ein Beispiel nennen: Das Buch Kindheit von Moses Rosenkranz wurde in allen möglichen Zeitungen großartig rezensiert. Auch die Taschenbuchverlage waren daran interessiert. Dann haben sie sich das aber genauer angeschaut und gesagt, dass sie es doch nicht machen können. Die Leute am Strand würden so etwas nicht lesen. Kindheit ist eben kein Unterhaltungsbuch, sondern in einer hochpoetischen Sprache geschrieben. Ein Buch, das übrigens 40 Jahre keinen Verleger fand.

Text und Interview: Karoline Rebling
Die Autorin ist freie Journalistin. Sie lebt in Frankfurt am Main.

 

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